Corona und der neue Marketing-Mix der Anwaltskanzlei

In Zeiten von Corona und auch darüber hinaus bietet es sich an zu prüfen, ob der Kurs des Unternehmens noch stimmt - mit Hilfe des Marketing-Mix, den sogenannten "4 P´s des Marketings". Dies gilt auch für Anwaltskanzleien.

Produkt

Über den Verkauf von Produkten und Dienstleistungen werden Einnahmen erzielt. Kann die bisherige Dienstleistung weiterhin angeboten bzw. gut verkauft werden? Dann ist es wunderbar. Wenn nicht, besteht die Möglichkeit oder Notwendigkeit die Dienstleistung oder auch die angebotenen Rechtsgebiete auf die jetzige Situation anzupassen – als temporärer Ersatz oder auch als langfristige Ergänzung zum bestehenden Portfolio. Corona erfordert Flexibilität.

Preis

Viele Geschäft können ihre bisherige Preisliste erst einmal in die Schublade legen. Im Vergleich dazu sind Rechtsanwälte noch in einer komfortablen Situation. Doch auch hier kann ein Blick in die Zahlen nicht schaden. Potentielle Mandanten, Privatleute sowie Firmen erleben derzeit einen Mangel an Liquidität und brauchen im Beratungsfall eine feste Kalkulationsbasis. Vielleicht bietet sich bei einigen Kanzleien an, statt jede Leistung einzeln zu bepreisen, Pauschalen anzubieten. Dieser Umstand kann ins Marketing eingebunden werden.

Prozesse (Abläufe)

Passende Abläufe sind wichtig für Effizienz, Qualität und Zufriedenheit von Mitarbeitern und Kunden.

Corona zerstört die "Lieferkette" bei den meisten Unternehmen. Bei Rechtsanwälte wird das hauptsächlich eher die Kommunikation mit den Kunden und den Mitarbeiter*innen sowie mit den Gerichten betreffen. Die meisten Angestellten mit einem Bürojob, können von zu Hause arbeiten. Also stellen sie sicher, dass ihr Unternehmen über die passende Soft- und Hardware verfügt um Homeoffice zu gewährleisten. Stellen Sie Regeln auf, die bezüglich Compliance- und Geheimhaltungsauflagen erfüllt werden sollen. Mit den passenden Tools stellen sie die Leistungsfähigkeit ihres Unternehmens sicher. Die Zeit kann auch genutzt werden, um "alte" Akten aufzuräumen, die Ablage neu zu organisieren und die elektronische Akte einzuführen. Diese Maßnahmen können die Abläufe wesentlich beschleunigen. In der Kommunikation mit dem Kunden können Rechtsanwälte statt im dem persönlichen Gespräch per E-Mail, Telefon und Onlinemeetings mit den Mandanten in Kontakt treten. Immer jedoch ist auch auf die berufsrechtlichen Anforderungen hinzuweisen, vor allem auf die Vertraulichkeit der Daten, z.B. Tixeo, wenn es um die Auswahl der Lösung für die Videokonferenzlösung geht. 

Placement (Distribution)

Hier wird beleuchtet, über welchem Kanal die Leistung erbracht wird.

Egal, ob Sie als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt Vertretungen vor Gericht übernehmen, nur außergerichtlich und beratend unterwegs sind, oder das ganze Tätigkeitsspektrum erbringen.

In Corona Zeiten kann sich der Weg der Leistungserbringung verändern. Kunden kann statt dem persönlichen Gesprächs die Beratung online angeboten werden. Bieten sie einen Onlinekalender an, in dem sich ihr potentieller Kunde selbst einbuchen kann. Die Geschäftsanbahnung und Beratung kann auch online erfolgen. Es gibt neben Zoom, Gotomeeting, auch  Anbieter von sehr sicheren Videokonferenzen wie z.B. Tixeo, die auch Verbindungen mit mehr als zwei Personen absolut abhörsicher machen.

Promotion (Vermarktung)

Bei Promotion geht es um die Vermarktung der Leistung, also das Marketing im engsten Sinne.

 

Laufkundschaft und der Erinnerungseffekt

Bei Kosmetikstudios, Einzelhandel und  Gastronomie wirkt häufig der Erinnerungseffekt, d.h. dass man sich durch ein "vorbei"-gehen oder laufen an das Unternehmen erinnert und später kauft oder  sogar spontan für einen Besuch entscheidet. Auch eine Kanzlei hat den Standort strategisch ausgewählt, um "Laufkundschaft" auf sich aufmerksam zu machen. Viele dieser sogenannten Kontaktpunkte entfallen gerade, weil weniger Fußgänger, besonders in den Innenstadt, unterwegs sind. Jetzt ist es wichtiger sich anders zu präsentieren.

 

Mit Fleissarbeit zum Erfolg: Flyer und Social Media

In der jetzigen Zeit ist "Klinkenputzen" angesagt, also vor allem Fleissarbeit durch die Verteilung von Flyern, schalten von Anzeigen in den Sozialen Medien, Anschreiben von Kunden und Interessenten etc. Diese Maßnahmen sind nicht teuer - auch der Druck von Flyern nicht, wenn man viel selbst erstellt und auch durch die Mitarbeiter in einem Gebiet bei Kunden verteilen lässt. Im "Überlebensmodus" muss man kreativ sein und auch unbequeme Wege gehen.

 

Die Internetseite kann das Überleben retten

Die SEO-Optimierung der eigenen Homepage, vor allem ergänzt durch einen Onlinekalender für Beratungstermine, in den sich die Kunden selbst eintragen können, sind jetzt wichtig.  Es gibt SEO Profis, dies das für Rechtsanwälte für viel Geld übernehmen. Es gibt im Internet jedoch auch frei verfügbare Tipps zu diesem Thema. Einen Teil dieser Arbeit muss nicht der Chef, die Chefin, machen, sondern kann auch durch Mitarbeiter*innen erledigt werden. Es muss am Ende nicht perfekt sein und auch nicht schick aussehen. Wichtig ist nur, dass auf den ersten Blick erkennbar ist, dass die Kanzlei für den Mandanten "offen" ist, was angeboten wird und wie man sie erreicht.

 

Netzwerken

Ein weiterer Teil, der gerne übersehen wird und einen auch durch eine Krise tragen kann, ist das Netzwerken.

Sprechen Sie mit Ihren Geschäftspartnern, nutzen Sie die Sozialen Medien samt der neuen Facebook Gruppen, z.B. "Support Your Local  Business - Hamburg". Auch wenn Sie bisher selbst noch kein Profil bei Facebook haben, Facebook ist ein wundervoller Ort des Austausches, des Helfens, der Wissensvermittlung, der Community – ganz ohne private Fotos und Inhalte. Auch für das Unternehmen können Facebook , Linkedin, Xing und Instagram gut für die Kundengewinnung sein. Egal, welche Möglichkeit Rechtsanwälte als erstes für sich nutzen, generell gilt: Seien Sie präsent und offen - auch für Tipps und Hilfe.

Es gibt aber auch "echte" Netzwerke. Sich hier auszutauschen und sich gegenseitig zu helfen, kann auch nach "Corona" hilfreich sein. Beispiele: Forum Junge Anwaltschaft, DAV (Deutscher Anwaltverein), BNI (Unternehmerfrühstück), Parteien etc.

 

Kosten 

Sichtbarkeit und Marketing müssen nicht teuer sein, vor allem nicht, wenn Zeitkontingente aktuell frei sind.

Kurzum: Corona erfordert eine Änderung in der Vermarktung der Leistungen. Manche müssen neue Wege gehen - auch weil das Geld knapp ist. 

People (Menschen)

In schweren Zeiten ist Führung und Achtsamkeit um so wichtiger. Als Chef*in sollten sie die eigenen Sorgen von den Mitarbeiter*innen fernhalten und Klarheit vermitteln. Sprechen Sie mit ihren Angestellten und finden sie heraus, wo und wie sich deren Lebenssituation unter Corona verändert, oder über wen sich diese gerade Sorgen machen. Menschliche Anteilnahme verbessert langfristig das Arbeitsklima und hilft den Mitarbeiter*innen, weiterhin nett und serviceorientiert auf Mandanten zuzugehen. Sollte keine Arbeit da sein, bietet sich neben der Mandantenakquise an, die Zeit für Schulungen oder Mitarbeitergespräche zu nutzen. Viele nutzen die Zeit auch, um den Arbeitsplatz neu zu gestalten oder gemeinsam im Team das Büro zu renovieren.Ein erfolgreicher Neustart ist dann vorprogrammiert.

"Surving of the fittest"

Der englische Ausdruck "surviving of the fittest" gilt auch bei Unternehmen. Welche sich am besten und schnellsten an Veränderungen anpassen und neue Chancen erkennen, werden nicht nur die Corona-Krise erfolgreich meistern.

 

Jasmin Isphording, Kanzleiberatung Jasis Consulting
www.jasis-consulting.de